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Ansicht Reichstag in Berlin

Fünf digitalpolitische Thesen für 2023

Veröffentlicht am 02.02.2023

Welche digitalpolitischen Themen bekommen 2023 angesichts der außen- und wirtschaftspolitisch geprägten Debatte zu digitaler Souveränität besondere Relevanz?

Fünf Thesen zu den wichtigsten digitalpolitischen Herausforderungen auf deutscher und europäischer Ebene:

1. 2023 wird das Jahr der Umsetzung

Bereits in ihrem Koalitionsvertrag vom Dezember 2021 haben sich die drei Partner der Ampelregierung auf ein klares Bekenntnis zu mehr Fortschritt verständigt. Insbesondere bei der digitalen Transformation von Staat, Gesellschaft und Verwaltung gilt es nun, weiter voranzukommen.

Mit der im Sommer 2022 präsentierten Digitalstrategie wurde aufgezeigt, welche Herausforderungen in welchen Politikfeldern angegangen werden sollen. In der Digitalstrategie wurden Hebelprojekte identifiziert und Prioritäten gesetzt. Dazu gehört unter anderem die breite Verfügbarkeit sicherer und nutzerfreundlicher digitaler Identitäten, die grundsätzlich in jedem Bereich für Fortschritte bei der digitalen Transformation benötigt werden. Zusätzlich wird dieses Jahr eine ressortübergreifende Datenstrategie erwartet und das Bundesministerium der Gesundheit (BMG) wird eine Digitalisierungsstrategie für das Gesundheitswesen vorstellen. Auf der europäischen Ebene wächst der Druck, wichtige digitalpolitische Vorhaben wie den europäischen Gesundheitsdatenraum, den Data Act und den AI Act abzuschließen, da 2024 bereits die Wahlen fürs Europäische Parlament anstehen.

Alle genannten Strategien und Vorhaben können jedoch nur der Anfang sein. Die Vorhaben gilt es nun mit Mut zur Priorisierung und Pragmatismus in der Umsetzung anzugehen. Im Jahr 2023 können die verantwortlichen Akteure zeigen, dass sie Fortschritt auch in der Umsetzung wagen.

2. Das OZG 2.0 wird die Verwaltungsdigitalisierung auf ein neues Niveau heben

Mit der Novelle des Onlinezugangsgesetzes (OZG) und der Registermodernisierung kann 2023 zu einem Jahr werden, in dem weitere Grundlagen für eine umfassende, ineinandergreifende und aufeinander abgestimmte Digitalisierung der Verwaltung geschaffen werden. Insbesondere das OZG 2.0 hat das Potenzial, die Zusammenarbeit zwischen Bund, Ländern und Kommunen auf ein neues Niveau zu heben. Die bislang vielerorts stockende Verwaltungsdigitalisierung kann neuen Schwung bekommen, wenn es gelingt, dass der Bund bestimmte Basisdienste für Verwaltungsdienstleistungen in größerem Umfang anbietet. Auch im Bereich der digitalen Identitäten können mit der für 2023 angekündigten Einführung der Smart-eID und dem geplanten Abschluss des Trilogs für die eIDAS-2.0-Verordnung Fortschritte bei der Digitalisierung von Verwaltung und Wirtschaft erreicht werden.

3. Datenschutz und Datennutzung sind kein Widerspruch, sondern ergänzen sich

Personenbezogene Daten werden in Deutschland und auf EU-Ebene aus gutem Grund umfassend geschützt. Allerdings werden vorhandene Daten, die keine besondere Schutzbedürftigkeit haben, viel zu wenig genutzt.

2023 kann das Jahr werden, in dem mit einer entsprechenden Datenstrategie, dem geplanten Dateninstitut, neuen Datennutzungsgesetzen und der Realisierung von definierten Datenräumen und Datenökosystemen auch in Deutschland Datenschätze gehoben und nutzbar gemacht werden. Dabei sollte man Datenräume und -ökosysteme von Anfang an europäisch denken. Mit Spannung darf zudem der Data Governance Act erwartet werden, der ab September 2023 auch in Deutschland verbindlich gilt und mit dem die Datennutzung durch sogenannte Datenvermittlungsdienste einen Schub erhalten soll.

4. Die Sicherheitslage im Digitalen erfordert ein grundlegendes Umdenken

Je umfassender alle unsere Lebensbereiche digitalisiert sind, desto bedeutsamer werden Sicherheit, Verlässlichkeit und Vertrauenswürdigkeit der digitalen Prozesse und Anwendungen für ein funktionierendes Zusammenleben.

Mit der stetig zunehmenden Vernetzung von Anwendungen und Prozessen wird die allgemeine und individuelle Sicherheit immer abhängiger davon, dass jedes Gerät und jeder Prozess gegen Angriffe gesichert wird. Konsequente und umfassende Investitionen in und Regulierungen für mehr IT-Sicherheit können die Resilienz unserer Gesellschaft steigern. Unter anderem wird 2023 die im vergangenen Jahr beschlossene europäische NIS-2.0-Richtlinie in Deutschland umgesetzt.

5. Europäisch und souverän gestalten. Damit wir nicht gestaltet werden

Wie zerbrechlich Demokratie, Wohlstand und Frieden sein können, haben uns die vergangenen Jahre und Monate mit der Pandemie und ihren Folgen, einem Krieg auf unserem Kontinent und der daraus resultierenden Energiekrise gezeigt. Europa als weltweit größter Binnenmarkt muss zusammenhalten und einen eigenen Weg finden, die Transformationsprozesse aktiv und auf Basis eigener Werte zu gestalten.

2023 kann das Jahr werden, in dem Deutschland und seine europäischen Partner bei den digitalen Großthemen weitere entscheidende Schritte machen, um bestehende Abhängigkeiten zu verringern und zunehmend souverän zu werden.