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Das Onlinezugangsgesetz (OZG) 2.0: Wegweiser zur Digitalisierung der deutschen Verwaltung

Veröffentlicht am 20.06.2024

Den Führerschein oder das Elterngeld bequem von der heimischen Couch aus beantragen? Das 2017 in Kraft getretene Onlinezugangsgesetz (OZG) sollte dafür sorgen, dass Bürger und Bürgerinnen viele Verwaltungsdienstleistungen online nutzen können, doch das Vorhaben scheiterte: Ende 2022 war nur ein Bruchteil der Leistungen digitalisiert. Das neue Onlinezugangsänderungsgesetz OZG 2.0 soll die Verwaltung nun in die digitale Zukunft bringen. Ein Überblick zum Umsetzungstand, den Herausforderungen und Perspektiven des OZG 2.0. 

Verwaltungsdigitalisierung als Daueraufgabe 

Das Ziel der damaligen Bundesregierung im Jahr 2017: Vereinheitlichung und medienbruchfreie Digitalisierung von 575 Verwaltungsdienstleistungen, die wiederum aus mehr als 5.000 Einzelprozessen bestehen. Trotz aller Bemühungen konnte das ambitionierte Ziel bislang nicht erreicht werden. Als Gründe dafür gab das Bundesministerium des Innern und für Heimat als federführendes Bundesministerium bei der Digitalisierung der Verwaltung komplexe föderale Strukturen in der Bundesrepublik, unterschiedliche Digitalisierungsstände sowie eine heterogene IT-Landschaft in den Ländern und Kommunen an. Mit dem OZG 2.0 erhält das Mammutprojekt Verwaltungsdigitalisierung nun neuen Schwung: Die Neufassung – im Juni 2024 beschlossen – soll das Upgrade für die digitale Verwaltung in Deutschland bringen.  

Besonders vorantreiben möchte der Bund 16 Fokusleistungen, die besonders häufig durch Bürger, Bürgerinnen und Unternehmen nachgefragt werden. Dazu gehören Wohnortummeldung, Elterngeld und Eheschließung genauso wie das An- und Ummelden von Kraftfahrzeugen, Baugenehmigungen, das Führerscheinwesen und Wohngeld.  

"Das Onlinezugangsgesetz ist ein wichtiges Upgrade für ein digitales Deutschland. Für Unternehmen wird es in Zukunft nur noch digitale Anträge geben.  Für alle Bürgerinnen und Bürger gibt es ein zentrales Bürgerkonto – die BundID. Besonders wichtig ist mir, dass wir die Zettelwirtschaft beenden und Bürgerinnen und Bürgern, wo immer es möglich ist, den Gang zum Amt ersparen. Mit digitalen Abrufen aus Registern und einer digitalen Lösung für die händische Unterschrift sind wir da einen großen Schritt weitergekommen. So machen wir das Leben einfacher und digitaler. Und wir stärken die Wettbewerbsfähigkeit des Standorts Deutschland.” 

Bundesinnenministerin Nancy Faeser,
Quelle: https://www.bmi.bund.de/SharedDocs/pressemitteilungen/DE/2024/02/bt-beschluss-ozg.html

BundID-Konto: Zentraler Zugang zu Verwaltungsleistungen  

Das OZG 2.0 bindet das Nutzerkonto BundID an die IT-Infrastruktur von Bund, Ländern und ausführenden Kommunen an. Im ursprünglichen Gesetzesvorhaben sollten die einzelnen Bundesländer diese Nutzerkonten umsetzen und mehrere Bundesländer etablierten parallel zum bestehenden Nutzerkonto BundID bereits eigene ID-Konten. Mit dem OZG 2.0 übernimmt der Bund diese Aufgabe aber zentral.  Perspektivisch soll die BundID so zu einer DeutschlandID ausgebaut werden. 

Um sich im BundID-Konto anzumelden, können Bürger und Bürgerinnen zum Beispiel ihren Online-Ausweis nutzen.  

Darüber hinaus führt das OZG 2.0 ein Unternehmenskonto ein. Dort sollen Verwaltungsleistungen für Unternehmen und Betriebe auf Bundesebene digital angeboten werden. Für alle öffentlichen Stellen, die digitale Verwaltungsleistungen im Portalverbund anbieten, wird das Organisationskonto verpflichtend.  

Mit dem Bundesportal zur digitalen Verwaltung  

Das Bundesportal bildet einen Zugangspunkt zu den Verwaltungsleistungen von Bund, Ländern und Kommunen. Es wurde auf der Grundlage des OZG 1.0 geschaffen und steht im Zentrum der Umsetzung vieler Verwaltungsdienstleistungen. Eltern können sich beispielsweise über das ihnen zustehende Elterngeld informieren und werden bei Bedarf zur Antragstellung weitergeleitet. Luftfahrtunternehmen können auf dem Bundesportal Lizenzen für ihre Pilotinnen und Piloten beantragen. Kontinuierlich kommen weitere Leistungen hinzu. 

Ein zentrales Merkmal des Bundesportals ist die "industrielle Serienfertigung", die eine effiziente und standardisierte Digitalisierung von Verwaltungsleistungen ermöglicht. Über die Maschine-zu-Maschine-Schnittstelle des Bundesportals wird gewährleistet, dass Behörden Formulardaten automatisch vom Bundesportal abrufen können, was zu erheblichen Signifikanzsteigerungen in der Verwaltung führt. Durch das OZG 2.0 wird die Bedeutung des Portals nochmals unterstrichen.

"Das Bundesportal macht digitale Verwaltung einfach. Bürgerinnen und Bürger sowie Unternehmen können sich über Verwaltungsleistungen informieren und viele Behördengänge bequem zu Hause erledigen. Noch dazu ist es seiner Zeit voraus: Es ist Cloud-ready und es hat offene Schnittstellen, kann also weiterentwickelt und spielend um neue Dienste erweitert werden."

Portrait von Roland Heise
Roland Heise, Leiter des Geschäftsfelds Digitalisation & Data Solutions bei der Bundesdruckerei GmbH

Registermodernisierung: bereits vorliegende Daten effizient nutzen 

Mit dem zentralen BundID-Konto entfallen auch Mehrfach-Authentifizierungen. Gleichzeitig sollen im Zuge von OZG 2.0 persönliche Dokumente, wie zum Beispiel eine Geburtsurkunde, nur noch einmal vorgelegt werden. Durch die gesetzliche Verankerung des Once-Only-Prinzips gehört die „Zettelwirtschaft“ künftig der Vergangenheit an. Voraussetzung dafür ist der verlässliche Austausch von Daten zwischen den unterschiedlichen Behörden. Datenbestände und Verzeichnisse, die bislang bei unterschiedlichen Stellen auf Bundes- und Landesebenen lagen, müssen dazu im Zuge einer Registermodernisierung zusammengeführt werden.  

Die technischen Voraussetzungen für diese Modernisierungen sind bereits mit dem „National Once-Only-Technical-System“ (NOOTS) definiert worden. Die Errichtung und gemeinsame Nutzung dieses Systems soll in einem Staatsvertrag zwischen Bund und Ländern geregelt werden. Bis die Verhandlungen starten, will der Bund, um Zeitverluste zu vermeiden, unverzüglich mit der Entwicklung der NOOTS-Infrastruktur beginnen.  

Ziele und Nutzen des OZG 2.0

Die angekündigten Neuerungen nach Inkrafttreten des OZG 2.0: 

  • Das Once-Only-Prinzip wird bei Bundesdienstleistungen zum Standard und bei den Ländern als Ziel festgehalten. Damit können eingereichte Informationen mit Einverständnis des Antragstellers digital von weiteren Stellen abgerufen werden, sodass mehrfache Einreichungen im Zuge verschiedener Verwaltungsverfahren entfallen können.  

  • Nach einer abgelaufenen Frist von vier Jahren nach der Gesetzesverkündigung haben Bürgerinnen und Bürger einen Rechtsanspruch auf digitale Verwaltungsleistungen des Bundes. Die Leistungen der Länder werden regelmäßig transparent überprüft.  

  • Die Einführung eines qualifizierten elektronischen Siegels. 

  • Die Weiterentwicklung der BundID zur DeutschlandID und damit die Einführung eines deutschlandweiten zentralen Nutzerkontos, das Leistungen zentral verfügbar macht und die direkte Kommunikation zwischen Bürgern, Bürgerinnen und Verwaltungsbeschäftigten ermöglicht. 

  • Für die Kommunikation von Unternehmen mit Ämtern und Behörden wird das Organisationskonto eingeführt. 

Worauf beim OZG 2.0 besonders Wert gelegt wird 

Beim ersten Anlauf zu einem Onlinezugangsgesetz zwischen 2017 und 2022 setzten die Bundesländer viele Maßnahmen selbst um. Das Ergebnis waren viele Insellösungen, unterschiedliche Digitalisierungsstände in den Ländern und Kommunen sowie eine heterogene IT-Landschaft. Im Entwurf für das OZG 2.0 übernimmt der Bund eine stärkere Rolle als Koordinator. Er unterstützt gezielt die Länder und Kommunen bei der Umsetzung der 16 priorisierten Leistungen. Bei der Entwicklung von verbindlichen Standards und Schnittstellen arbeiten Bund, Länder und Kommunen eng mit der Föderalen IT-Kooperation (FITKO) zusammen. So soll eine einheitliche Digitalisierung vorangetrieben werden.   

Zukünftige Perspektiven und Rechtsansprüche 

Der Gesetzentwurf des OZG 2.0 sieht keine unmittelbare Frist für eine Ende-zu-Ende Digitalisierung für Verwaltungsdienstleistungen der Länder vor. Ein Recht auf digitalisierte Verwaltungsdienstleistungen des Bundes hingegen besteht nach einer abgelaufenen Frist von vier Jahren nach Inkrafttreten des Gesetzes. Eine weitere Verbindlichkeit stellt die Umstellung der bisherigen Nutzerkonten der Länder auf das zentrale Nutzerkonto (BundID) binnen drei Jahren dar. Diese Übergangsfrist beginnt, sobald die technischen Voraussetzungen für eine automatisierte Migration der bestehenden Länderkonten vorliegt und eine nutzerfreundliche Abwicklung von Verwaltungsleistungen möglich ist.  

Fazit 

Ende September 2023 stand der Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Änderung des OZG im Deutschen Bundestag zur Debatte und wurde nach Beschluss schließlich an den Bundesrat überwiesen. Nachdem das Gesetz hier abgelehnt wurde, erfolgte eine Kompromissfindung im Vermittlungsausschuss. Dabei waren sich Bund und Länder einig, dass der Weg zur Umsetzung des OZG 2.0 schnellstmöglich fortgesetzt werden muss, um die Verwaltung digitaler und moderner zu machen.  

Fließen die Erfahrungen aus dem bisherigen Digitalisierungsprozess ein, bietet das OZG 2.0 die Chance auf einen Digitalisierungsschub, von dem die Bürger und Bürgerinnen, Unternehmen und Behörden profitieren. Digitale Prozesse ersetzen die manuellen Abläufe in Verwaltungen und machen sie einfacher und unkomplizierter. Mit dem Ende der „Zettelwirtschaft“ sinken auch die Bearbeitungszeiten von Anträgen und anderen Verfahren – und letztlich auch die Verwaltungskosten. Vor allem macht eine moderne, bürgernahe Verwaltung, die digitaler und stärker nutzerorientiert ausgerichtet ist, das Leben der Bürgerinnen und Bürger einfacher. Sie bietet mehr Flexibilität und Komfort durch die Möglichkeit, Behördengänge rund um die Uhr, unterwegs oder bequem aus dem Wohnzimmer heraus erledigen zu können. Mit der BundID, die zur DeutschlandID weiterentwickelt werden soll, stellt der Bund zudem ein zentrales, digitales Bürgerkonto bereit, das Bürgern und Bürgerinnen nicht nur eine unkomplizierte Identifikation für Behördendienste ermöglicht, sondern über ein digitales Postfach auch die Kommunikation mit den Verwaltungen erleichtert.  

Letztlich bietet das OZG 2.0 die Chance, die Verwaltungsdigitalisierung auf eine neue Stufe zu heben und ist ein großer Schritt auf dem Weg zu einem modernen Staat, der das volle Potenzial der Digitalisierung ausschöpft. 

FAQ

Das novellierte Onlinezugangsgesetz (OZG 2.0) strebt eine umfassende und vor allem medienbruchfreie Verfügbarkeit ausgewählter Verwaltungsleistungen für Bürger und Bürgerinnen an. Über ein zentrales Nutzerkonto für die Bevölkerung bzw. ein Organisationskonto für Unternehmen sollen zukünftig immer mehr Verwaltungsdienstleistungen für Bürger und Bürgerinnen erreichbar sein. 

Der rechtssichere Zugang zum Nutzerkonto BundID erfolgt beispielsweise über die Online-Ausweisfunktion. Die zuständige Verwaltung soll künftig durch Datenaustausch mit anderen Ämtern und Behörden das jeweilige Anliegen digital bearbeiten, die eigenen Prozesse beschleunigen und den Bearbeitungsstau abbauen können. 

Hiermit wird ein ganzes Bündel an Leistungen bezeichnet, das aus bis zu mehreren hundert Einzelleistungen bestehen kann. Im ursprünglichen OZG aus dem Jahr 2017 waren insgesamt 575 Maßnahmen ausgewiesen, die bis Ende 2022 bundesweit digital verfügbar gemacht werden sollten. Mit dem OZG 2.0 soll in Zukunft eine Fokussierung erfolgen und der Bund die Länder bei der Umsetzung von 16 besonders relevanten Leistungen unterstützen. 

Im OZG 2.0 hat das federführende Bundesministerium des Innern und für Heimat 16 besonders wichtige Verwaltungsleistungen definiert, die als Erstes digitalisiert werden sollen. Sie werden daher auch OZG-Leistungen genannt. Dazu zählen beispielsweise:  

  • Wohnortummeldung 

  • Beantragung von Eltern- oder Bürgergeld 

  • Eheschließung 

  • An- und Ummeldung von Kraftfahrzeugen 

  • Baugenehmigungen 

  • Führerscheinanträge 

  • Wohngeldanträge  

  • Öffentliche Vergabe 

  • Baubescheide

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